Carglass ist kein Versicherers Liebling mehr
Die Technologie der Steinschlagreparatur von Autoscheiben wurde vor ca.25 Jahren erfunden und rasch den Einzug in die Leistungskataloge von KFZ-Werkstätten gehalten. Mittlerweile gehört die Befüllung von Ausschlägen in den Windschutzscheiben mit Kunstharz zu bedeutenden Einnahmequellen für spezialisierende Betriebe. Ganz vorne mit dabei ist Carglass mit rund 330 Niederlassungen und 380 mobilen Einheiten bundesweit.
Als klare Profiteure des neuen Verfahrens haben sich bislang auch die Versicherungsgesellschaften gesehen, denn eine Steinschlagreparatur kostet dem Versicherer nur ca. 80,- EUR inkl. Steuern. Ein Wechsel der Windschutzscheibe schlägt hingegen mit Kosten ab 600,- EUR zu Buche. Die meisten Versicherungen haben sogar eine sog. „Carglass-Klausel“ in ihre Versicherungsbedingungen eingeschlossen. Demnach verzichtet der Versicherer bei einer Steinschlagreparatur auf die vereinbarte Selbstbeteiligung in der Teilkaskoversicherung, sofern die Reparatur von Carglass durchgeführt wird.
Aktuell steigen allerdings zahlreiche Versicherer aus der Kooperation mit Carglass aus. So ändert auch die KRAVAG mit dem neusten Infoschreiben an Versicherungsvermittler ihre Regulierungspraxis bei Glasschäden. Der große Spezialist für Autoversicherungen verzichtet ab sofort nicht mehr auf den Abzug der vertraglich vereinbarten Selbstbeteiligung bei Vorlage einer Steinschlaginsdtandsetzungsrechnung von Carglass.
Die Gründe für den plötzlichen Sinneswandel werden im Schreiben zwar nicht benannt, diese legte die KRAVAG jedoch bereits in ihren „Wichtigen Hinweisen zur Glasreparatur an Windschutzscheiben“ vom 06.04.2010 offen. Auch während der diesjährigen Roadshows ließ der namhafte KFZ-Versicherer ganz offen seinen Unmut über die zweifelhaften Marketingtaktiken von Carglass verlauten. Die Rede war sogar von einem „Carglass-Effekt“.
Was hat die KRAVAG nur so verärgert? Ganz einfach – offensichtlich ist die erwartete drastische Reduzierung der Schadenaufwendungen in der KFZ-Versicherung durch die strategische Partnerschaft mit dem Autoglasspezialisten gar nicht eingetreten. Umgekehrt – KRAVAG meldet, dass sich seit Beginn der Zusammenarbeit „die Anzahl der Glasreparaturen verdoppelt hat, aber auch die Zahl von ausgetauschten Scheiben gestiegen ist“. Diesen Anstieg der Schäden führt die KRAVAG auf verstärkte Ansprache von Kunden auf öffentlichen Plätzen (z.B. Parkplätze, Autowaschanlagen) und andere bedarfsweckende Marketingmaßnahmen von Carglass zurück.
Der Versicherer macht sogar folgende Empfehlung an ihre Versicherungsvertreter und Makler publik: Hat ein Kunde eine Glasreparatur auf einem öffentlichen Platz durchführen lassen, hat er ein Widerrufsrecht von 14 Tagen. Darüber sollten Sie Ihren Kunden unbedingt informieren. Der Kunde selbst muss den Widerruf schriftlich an die Werkstatt richten, z.B. wie folgt:
„Ich bin auf einem Parkplatz wegen einer Glasreparatur angesprochen worden und habe in dieser Situation den Reparaturauftrag erteilt. Hiermit mache ich von meinem gesetzlichen Recht zum Widerruf Gebrauch. Da die geleistete Arbeit keinen für mich erkennbaren Wert hat, lehne ich eine Bezahlung ab. Meine Versicherung werde ich hiervon informieren.“
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